Rahel Scheurer
Vernissage: Mi. 29. Juni | 18–20 Uhr
30. Juni bis 18. August 2022
Mit dem Hund an der Leine der Strasse entlang gehen, Hundeköpfe, die uns frech entgegenblicken, das Tier stolz der Kamera präsentieren – Es sind Szenen aus dem Alltag, die Rahel Scheurer (*1987 in Wattwil, lebt und arbeitet in Luzern) auf Leinwand oder Papier festhält. Sie zeigen Darstellungen von Mensch und Tier – insbesondere vom Hund als Freund des Menschen – und repräsentieren Charaktere, Befindlichkeiten und somit innere Zustände. Als ausgebildete Theatermalerin beherrscht Rahel Scheurer unterschiedliche Malstile sowie ein Gespür für räumliche Inszenierungen, was im Kunstraum Satellit zum Ausdruck kommt. Die installative Arbeit kommt einer filmischen Szenerie gleich und bezieht sich gleichwohl auf die Lage des Satellits als Durchgangsort.
Zwischenmenschlich – zwischentierlich
Nicht nur Hundebesitzer:innen mögen jene Situationen kennen: Ein Hund fängt an zu bellen und sogleich urteilen wir über dessen Charakter. Ein anderer zieht die Mundwinkel hoch und wir deuten es als freundliches Lachen. Dass wir Menschen insbesondere auf den Hund unsere eigenen Eigenschaften übertragen und sie damit von der Unberechenbarkeit entkoppeln, ist ein wohlbekanntes Phänomen. Wir sehen in ihnen, was wir in unseren Mitmenschen sehen und fühlen uns auch dadurch stark mit ihnen verbunden. Vielleicht ist der Hund deswegen als Motiv in Rahel Scheurer von besonderem Interesse: Nähert sich die Künstlerin einem Hundeporträt, dann ist dessen Ausdruck, Temperament und Persönlichkeit genauso wichtig wie das Aussehen. Die Abbildungen sind stets aus dem persönlichen Umfeld der Künstlerin entnommen. Manchmal sind es Porträts von ihr nahestehenden Menschen, Situationen, die sie selbst erlebt oder ihr von Freund:innen zugeschickte Fotos, die als Vorlage dienen. Auch auf den Social-Media-Kanälen sammelt Scheurer Bildermöglichkeiten, beispielsweise von «Dog-Fluencern». In ihren figurativen Malereien geht es somit insbesondere um Gemütszustände, die sie über den Hund zum Ausdruck bringt. Gekonnt spielt die Künstlerin dabei mit dem Phänomen des Anthropomorphismus – als Betrachter:innen projizieren wir sogleich unsere eigene Gefühlszustände in die Porträts oder fühlen uns von ihnen gespiegelt. Es entsteht eine seltsame Verbundenheit, die zwischen Nähe und Distanz oszilliert.
Der Hund im Zentrum
Die bewusste Inszenierung von Hunden steht auch im Kunstraum Satellit im Zentrum. Während deren Halter:innen oftmals nur angedeutet oder anonymisiert dargestellt werden, liegt der Fokus klar auf den Tieren selbst. Sie bewegen sich in einer urbanen Strassensituation sowie in landschaftlichen Gegenden. Scheurer entfernt sich weiter aus einem konventionellen Hängesystem: Ihre Arbeiten auf Leinwand oder Papier erscheinen sowohl lose, auf Keilrahmen aufgespannt oder gerahmt und überlappen sich auch teilweise. Weiter präsentiert die Künstlerin von flüchtig, fotorealistisch sowie inspiriert vom Post-Impressionismus oder von der Pop-Art-Strömung, unterschiedliche Malstile.
Trotz des vielschichtigen Umgangs mit Malgrund und Malstil finden Beziehungen auch unter den einzelnen Bildern statt. Und so nimmt Scheurer den Guisan-Kreisel als Durchgangsort thematisch auf, indem sie Bewegungen aufzeigt, die auch vor Ort passieren könnten. Vor dem Kunstraum Satellit entwickeln wir beim Betrachten Narrationen, die zwischen Alltag und Fiktion changieren.
Rahel Scheurer wurde 1987 in Wattwil geboren, lebt und arbeitet heute in Luzern. Von 2003–2008 absolvierte sie ein Praktikum und eine Berufslehre als Theatermalerin bei der Firma Caspari in St. Gallen. Später arbeitete sie als Theatermalerin im Stadttheater Bern und im Luzerner Theater. 2019 schloss sie ihren Master an der Hochschule Luzern, Design & Kunst ab, wo sie später auch als Dozentin arbeitete. Als freischaffende Künstlerin lebt und wirkt sie in Luzern.